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1. Vorwürfe an die Person
Al Gore betreibe seine Klimaschutzpolitik nur aus Eigennutz: Er verdiene durch seine Firmenbeteiligungen am Emissionshandel.
Richtigstellung:
Al Gore ist Partner der in London ansässigen und von ihm und Goldman-Sachs Manager David Blood im Jahr 2004 gegründeten Firma "Generation Investment Management" (GIM).
GIM ist ein Unternehmen, das in Firmen investiert, die neben ihrem ökonomischen Erfolg insbesondere die soziale und ökologische Nachhaltigkeit ihrer Aktivität nachweisen können. Diese Philosophie steht im Kontrast zum sonst häufig anzutreffenden "shareholder-value" Ansatz, der auf kurzfristiges Gewinnstreben ausgerichtet ist.
GIM ist einzig und allein Investor. Damit ist gesagt, dass sie nicht mit Emissionszertifikaten handelt. Der Sprecher von GIM, Richard Campbell, nahm dazu wie folgt Stellung: "We do not invest in any activity of carbon offset. That's nonsense."
Ergänzender Kommentar:
Wir befürworten jegliche wirtschaftliche Betätigung, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Unternehmerischer Erfolg und Umweltschutz schliessen sich gegenseitig keineswegs aus.
Manche Kommentare deuten an, es sei moralisch anrüchig, sich für Klimaschutz einzusetzen und gleichzeitig daran zu verdienen. Was im ersten Moment plausibel klingt, stellt sich bei näherer Betrachtung als geradezu widersinnig heraus. Denn mit dieser Haltung wird folgendes Postulat aufgestellt: Nur diejenigen dürfen nennenswerte Gewinne machen, die "normales Wirtschaften" betreiben. Diejenigen, die eine Vorbildfunktion beanspruchen, dürfen nur so etwas wie "guten Ruf" in Anspruch nehmen?
Das ist eine merkwürdige Logik, der sich - besonders in Hinblick auf Kriegsprofiteure wie Halliburton - nur Zyniker anschliessen können. Wir meinen im Gegenteil, dass gerade diejenigen, die nachhaltig wirtschaften oder - wie im Fall von Al Gore - nachhaltiges Wirtschaften durch Investitionen unterstützen, auch ihren Nutzen davon haben dürfen und haben sollen.
In den USA gibt es bislang noch keinen Zertifikatehandel: Insofern kann man als Privatperson nicht Geschäfte damit machen.
In Deutschland wurden die Zertifikate bislang kostenlos ausgegeben - auch hier kann niemand daran verdienen.
Ab 2010 sollen die Zertifikate unter der Federführung des Bundesumweltministeriums zusammen mit der KfW-Bankengruppe versteigert.
Hierzu die Pressemitteilung des BMU vom Dezember 2007:
"KfW Bankengruppe übernimmt Verkauf von CO2-Emissionszertifikaten.
Bis zum Versteigerungsbeginn wird zum Marktpreis verkauft
Das Bundesumweltministerium hat die KfW Bankengruppe mit der Abwicklung des Verkaufs der CO2-Emissionszertifikate beauftragt, die mit Beginn der zweiten Handelsperiode am 1. Januar 2008 nicht mehr kostenlos an die Energieversorger ausgegeben werden. Spätestens ab 2010 werden die Zertifikate versteigert.
Die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten in der ersten Handelsperiode wurde von vielen Seiten kritisiert. In der zweiten Handelsperiode (2008 - 2012) erlaubt die Europäische Emissionshandelsrichtlinie den Verkauf und die Versteigerung von bis zu zehn Prozent der zugeteilten Zertifikate. Das Zuteilungsgesetz 2012 macht von dieser Möglichkeit Gebrauch: Ab 2008 erhalten Kraftwerke insgesamt 40 Millionen Berechtigungen weniger, die spätestens ab 2010 versteigert werden.
Bis zum Beginn der Versteigerung verkauft der Bund die Zertifikate zum Marktpreis über die Börsenplätze, auf denen Emissionszertifikate gehandelt werden. Das Bundesumweltministerium hat in der vergangenen Woche mit Zustimmung des Bundesfinanzministeriums die KfW-Bankengruppe mit der Durchführung dieses Verkaufs beauftragt. Die KfW-Bank wird die Emissionszertifikate ab Januar 2008 kontinuierlich und entsprechend der Marktliquidität an den bekannten Handelsplätzen anbieten. Die Marktteilnehmer erhalten monatlich Informationen über die von der KfW Bankengruppe ausgeführten Verkäufe."
Al Gore lebe auf grossem Fuß und verbrauche viel Energie.
Diese Vorwürfe kann man streng genommen nicht "richtig stellen", sondern lediglich kommentieren:
"Auf großem Fuß leben" und "viel Energie vergeuden" sind zweifellos relative Wertungen. Ab wann lebt jemand auf großen Fuß? Wer definiert, was "viel" Energieverbrauch ist?
Eine überwältigende Mehrheit der Menschheit würde dem mitteleuropäischen Durchschnittsbürger, der in einem Kommentar Al Gore diesbezüglich Vorhaltungen macht, selbst vorwerfen, einen zu üppigen Lebenstil zu pflegen. Das gilt selbst noch für den Geringverdiener, der im Gegensatz zu einer erschreckend großen Zahl an Indern, Bangladeshi und vielen anderen mehr nicht nur über fliessend warm und kalt Wasser, eine permamente Stromversorgung, Fernseher, Kühlschrank und wenigstens ein Fahrzeug verfügt, sondern sich durchaus noch anderes leisten kann.
Die Vorwürfe haben also nicht nur einen von vornherein stark subjektiven Charakter, sondern sie sind vor allem auch irreführend.
Letzlich kommt es nicht darauf an, ob jemand auf "großem Fuß lebt" oder "viel" oder "wenig" Energie verbraucht. Die entscheidende Frage dazu lautet, unter welchen Bedingungen oder mit welchen Konsequenzen diese Lebensumstände einhergehen.
Al Gore ist erfolgreicher Unternehmer und leistet sich ein großes Haus, einen Swimmingpool und anderes mehr. Wer wie er gleichzeitig beachtliche Beträge für Aufforstungsprojekte u.a.m. aufwendet, erzeugt damit aufs Ganze gesehen eine geringere Beeinträchtigung der Umwelt als der "Normalbürger".
Im Spätjahr 2007 hat Al Gore umfangreiche
Energiesparmaßnahmen
an seinem 80 Jahre alten Haus umsetzen lassen, so dass es seitdem eines der wenigen energiespar-zertifizierten Gebäude von Nashville ist.
Was von der Diskussion bleibt und hinsichtlich der Motivlage der Kritiker nicht unterschätzt werden darf, ist der Faktor Neid. Auf die Erörterung niederer Instinkte verzichten wir.
2. Vorwürfe zum Film "Eine Unbequeme Wahrheit"
Zunächst sah es nach David gegen Goliath aus: Stewart Dimmock, ein Lastwagenfahrer und Elternbeirat aus der Grafschaft Kent, zieht vor Gericht. Er will, dass "Eine Unbequeme Wahrheit" von Al Gore nicht weiter an englischen Schulen gezeigt wird.
Der Kläger hat einen Teilerfolg erzielt: Dem Film wurden neun Mängel attestiert. Diese Mängel müssen künftig von den Lehrern angemessen kommentiert werden. Insbesondere dieses Ergebnis des Verfahrens wurde in den Medien ausgiebig ausgebreitet. Nur einige Zeitungen - wie zum Beispiel der Spiegel - berichteten umfassender. In Wahrheit ist das Urteil viel mehr als Bestätigung, denn als Vorwurf an den Film zu sehen.
Das Hauptanliegen des Klägers, den Film aus den Schulen zu verbannen, wurde vom Vorsitzenden Richter mit den Hinweisen abgewiesen, dass
- der Film alles in allem zutreffen sei ("broadly accurate"),
- die Grundaussage des menschengemachten Klimawandels zutreffend sei ("climate change is mainly attributable to man-made emissions of carbon dioxide, methane and nitrous oxide (greenhouse gases)") und
- die vier Hauptthesen des Films wissenschaftlich solide fundiert seien ("four main scientific hypotheses, each of which is very well supported by research published in respected, peer-reviewed journals",
(Quelle: http://business.timesonline.co.uk/tol/business/ law/corporate_law/article2633838.ece)
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Richter Sir Michael Burton verwies sodann noch darauf, es sei hinlänglich bekannt, dass man es hier mit einem politischen Film zu tun habe, der gerade nicht rein wissenschaftlich betrachtet werden könne.
Mit anderen Worten: Der Film ist gerade nicht eine strikt wissenschaftliche Abhandlung, sondern eine Warnglocke, die man weithin hören soll. Diesen Zweck hat der Film erreicht. Nicht mehr und nicht weniger sollte derjenige fordern, der die aktuellen Ergebnisse der Klimaforschung akzeptiert, und der dabei das Dilemma anerkennt, diese Botschaft auch vermitteln zu müssen. Übrigens: Mindestens einige der neun Mängel waren zum Zeitpunkt der Filmproduktion auch in den wissenschaftlichen Kreisen noch nicht aktualisiert, so etwa zur Schneeschmelze auf dem Kilimandscharo.
Wesentlich interessanter als der Prozess sind jedoch dessen Hintergründe. Nachforschungen des britischen "Observer" zeigen, dass der David ein übergroßer Goliath ist. Kläger Dimmock wurde von "New Party" tatkräftig unterstützt. Deren Parteichef, Robert Durward, ist zugleich Inhaber von Cloburn Quarry Limited, einer schottischen Tagbau- und Granitfirma und bekannter Kritiker in Fragen der globalen Erwärmung. Cloburn Ltd. hatte zwischen 2004-2006 rund 1 Million britischer Pfund an die "New Party" gespendet. In 2004 gab es zur Erstellung eines gefälligen Klima-Berichts enge Kontakte mit dem "George C. Marshall" Institut in USA, das seinerseits von keinem geringeren als EXXON Oil gegründet wurde. (http://education.guardian.co.uk/ higher/news/story/0,,2190996,00.html Artikel "Revealed: the man behind court attack on Gore film / Fuel and mining magnate backed UK challenge to An Inconvenient Truth")
Ergänzender Kommentar:
Wäre EXXON Oil (um dem Tenor des "Observer" zu folgen), die seit vielen Jahren pseudo-wissenschaftliche Studien zum Thema Klimawandel über Umwege in Umlauf bringen lässt, zu irgendeinem Zeitpunkt an einer offenen Diskussion interessiert gewesen, hätten ihr - oder jeder beliebigen andere Firma, Person oder Institution - öffentliche wissenschaftliche Foren zur Verfügung gestanden.
Was hindert einen "Klimawandel-Skeptiker" daran, seine Theorien etwa in einer angesehenen Fachzeitschrift zur Diskussion zu stellen? Selbstverständlich dies: Die Argumente würden einer präzisen Erörterung nicht stand halten.
Das aber wäre der "worst case" für alle Öl-, Rüstungs- oder Kohlegiganten: Sich einer öffentlichen Debatte zu stellen und im Anschluß daran offiziell einräumen zu müssen, dass es den menschengemachten und damit von ihnen mit zu vertretenden Klimawandel gibt. Alleine diese Perspektive ist mehr als Grund genug, sich andere Wege der Einflußnahme zu suchen. Den Weg über englische LKW-Fahrer zum Beispiel.
3. Kritik am Klimawandel
Das Thema kann sehr kurz abgehandelt werden. Die wissenschaftliche Debatte, ob es den menschengemachten Klimawandel gibt, ist längst abgeschlossen. Zu diesem Thema herrscht Konsens. Ein Blick auf eine beliebige Internetseite eines der einschlägigen Einrichtungen bestätigt das. Wir sprechen hier nicht von einzelnen Forschern oder einzelnen Meinungen. Wir sprechen von der wissenschaftlichen Gemeinde schlechthin, die sich letztlich aus Tausenden von Wissenschaftlern weltweit zusammensetzt, die in den renommiertesten Instituten ihren Forschungen nachgehen. Kurz und bündig lässt sich das mit der Bemerkung von Prof. Dr. Mojib Latif vom Kieler Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung zusammen fassen: "Wer sagt, das habe mit dem Menschen nichts zu tun, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen."
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